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«Schweizer Nobelpreis»

Benoist-Preis an UZH-Professor Ernst Fehr

Der Wirtschaftswissenschaftler Ernst Fehr hat heute den als «Schweizer Nobelpreis» bezeichneten Marcel Benoist-Preis 2008 in der Höhe von 100'000 Franken erhalten.
Brigitte Blöchlinger

Der Marcel Benoist-Preis ist der älteste (seit 1920) und bedeutendste Schweizer Wissenschaftspreis. Mit ihm werden jedes Jahr etablierte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen für ihre bedeutenden Arbeiten und deren Auswirkung auf das menschliche Leben ausgezeichnet. Dieses Jahr wurde er Ernst Fehr, ordentlichem Professor für Mikroökonomik und Experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Zürich, verliehen.

Ernst Fehr wird ausgezeichnet «für die Erbringung des Nachweises, dass das wirtschaftliche Entscheidverhalten des Menschen nicht rein eigennützigen Interessen folgt, sondern Überlegungen zu Fairness und Reziprozität mit einbezieht» (Medienmitteilung EDI).

Benoist-Preisträger 2008: UZH-Wirtschaftsprofessor Ernst Fehr.

Innovativer und kooperativer Forscher

Fehr hat sich über sein Kerngebiet der Ökonomie hinaus einen Namen als innovativer Forscher gemacht. Der gebürtige Vorarlberger hat die konventionellen Wege der Wirtschaftsforschung verlassen und mit Forschern aus Psychologie, Soziologie, aus den Neurowissenschaften und der Evolutionsbiologie zusammengespannt.

In seinen Forschungsarbeiten konnte er nachweisen, dass viele Individuen ein ausgeprägtes Gefühl für Fairness haben und zu freiwilliger Kooperation bereit sind. Selbst wenn es sie etwas kostet, sind sie bereit, egoistisches Verhalten zu bestrafen und kooperatives Verhalten zu belohnen. Fehr hat herausgearbeitet, unter welchen Bedingungen diese «Reziprozitätsmotive» wirtschaftliches Verhalten massgeblich beeinflussen. Die Entwicklung dieser Erkenntnisse hat Fehr weltweites Renommee eingebracht.

Von Wien nach Zürich

Ernst Fehr wurde 1956 in Hard im österreichischen Vorarlberg geboren. Er studierte Wirtschaftswissenschaften in Bregenz und in Wien, wo er 1986 zum Doktor promovierte. Abgesehen von einem Aufenthalt als Research Fellow an der London School of Economics and Political Science (1988-1989), setzte er seine akademische Karriere in der österreichischen Hauptstadt fort, bis er 1994 an die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Zürich wechselte.

Er ist ständiger Gastprofessor am MIT (Massachusetts Institute of Technology), Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Sciences und John Kenneth Galbraith Fellow der American Academy of Political and Social Sciences. Seit 2004 ist er zudem Fellow am Collegium Helveticum, einem Zentrum für den Dialog und für transdiziplinäre Forschung der Universität Zürich und der ETH Zürich.

Psychologische Wende in der Ökonomie

Fehr versteht sich als Teil einer «wissenschaftlichen Revolution», die seit einigen Jahren in den Wirtschaftswissenschaften stattfindet. Deren Vertreter stossen das bisher geltende ökonomische Menschenbild des rein rationalen und egoistischen Homo oeconomicus um und zeigen, dass die Abweichungen vom Homo oeconomicus die Funktionsweise von Märkten, Verträgen und materiellen Anreizen fundamental verändern können. «Ich war immer etwas ein 'Oppositionsgeist', mir hat es gefallen, zu provozieren», erklärte Fehr 2002 im «unireport» der UZH.

Preisträchtige Mitstreiter

Die Ersten, die psychologische Erkenntnisse in die Wirtschaftswissenschaft einbezogen, waren der in Princeton lehrende Israeli Daniel Kahneman und die Amerikaner George Akerlof (Berkley) und Richard Thaler (Chicago) – Forscher, die teilweise den Nobelpreis bereits erhalten haben oder zum engeren Kreis zukünftiger Nobelpreisträger gehören.

Nun hat Ernst Fehr mit dem Benoist-Preis selbst einen hohen Wissenschaftspreis erhalten. Unipublic hat sich mit ihm nach der Bekanntgabe unterhalten.

unipublic: Ernst Fehr, was bedeutet der Benoist-Preis für Sie?

Ernst Fehr: Ich fühle mich durch den Preis sehr geehrt. Unter anderem weil bei diesem Preis alle Wissenschaftsdisziplinen zugelassen sind und man deswegen im Wettbewerb mit vielen Topforschern – von denen es in der Schweiz sehr viele gibt – steht. Es freut mich auch, dass ich als erster Wirtschaftswissenschafter den Preis in Empfang nehmen darf.

unipublic: Was werden Sie mit der Preissumme von 100'000 Franken anfangen?

Fehr: Ich werde das Geld auf «die hohe Kante» legen – für den Fall, dass die Zeiten einmal nicht so gut sind.

unipublic: Wird der Benoist-Preis Auswirkungen auf Ihre Forschung haben?

Fehr: Der Preis ist ein Ansporn für weitere Spitzenleistungen. Ich hoffe, dass uns das auch weiterhin gelingen wird.

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