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«Wissen teilen» mit afrikanischen Universitäten

Lernen zwischen Nord und Süd

Die Universität Zürich ist dabei, Kooperationen mit Universitäten in Afrika aufzubauen. Worauf bei der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd zu achten ist, war Thema an einem Podium des Symposiums «Wissen teilen».
Adrian Ritter

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Podiumsgespräch zur universitäten Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd (von links): Moderator Markus Huppenbauer, Bénézet Bujo, Ulrike Müller-Böker, Jürg Utzinger und Hans Weder.

Dass Universitäten aus Europa und den USA Dozierende und Studierende austauschen und gemeinsame Forschungsprojekte lancieren, ist in der heutigen globalisierten Welt alltäglich. Die Forschenden sind dabei bestrebt, mit möglichst renommierten und starken Partnern zusammen zu arbeiten.

Wie sieht es aber aus, wenn Universitäten aus Europa und Afrika über Kooperationen nachdenken? Sind dies dann «Partnerschaften im Ungleichgewicht», wie es Rektor Hans Weder an einem Podiumsgespräch formulierte? Zusammen mit  der Anthropogeographin Prof. Ulrike Müller-Böker (UZH), dem Professor für Moraltheologie und Ethik Bénézet Bujo (Universität Fribourg) und dem Epidemiologen Prof. Jürg Utzinger (Universität Basel) diskutierte er die Chancen und Gefahren solcher Kooperationen.

Das Ungleichgewicht sieht Weder hinsichtlich der Ressourcen und Rahmenbedingungen der Wissenschaft. So wie Afrika insgesamt nicht im Zentrum des Interesses der Weltöffentlichkeit stehe, so sei auch die afrikanische Forschung auf der globalen Landkarte der Wissenschaften oft nicht vorhanden.

Patenschaft statt Partnerschaft?

Wo die Ressourcen derart ungleich verteilt sind, droht die Gefahr der «Patenschaft statt Partnerschaft», gab der Zürcher Ethikprofessor und Podiumsmoderator Markus Huppenbauer zu bedenken. Entsprechend wichtig sei es, auch die Ressourcen des Südens zu erkennen und anzuerkennen.

Worin der Nutzen solcher Kooperationen für den Norden besteht, darin waren sich die Podiumsteilnehmen einig: bei gemeinsamen Projekten lernen immer beide Partner. Utzinger berichtete von seiner Forschung zu Tropenkrankheiten, die immer auch neues Wissen für die Grundlagenforschung liefere.

In Ländern des Südens eine wissenschaftlich zuverlässige Methode zu entwickeln, um beispielsweise eine Wurmkrankheit zu diagnostizieren, lehre einem auch den Umgang mit beschränkten Ressourcen. «Eine Erfahrung, die auch für unser kostspieliges Gesundheitswesen von Nutzen werden könnte», so Utzinger.

Rektor Hans Weder betonte, seine bisherigen Besuche in Rwanda seien eindrückliche Erfahrungen gewesen: «Es ist ein Lernprozess für uns, zu sehen, wie Menschen unter solch anderen Bedingungen arbeiten, forschen und lehren.»

Einbahnstrasse in den Süden

Wie Kooperationen nicht aussehen sollten, zeigte Bénézet Bujo an einem Beispiel aus seinem Heimatland, der Demokratischen Republik Kongo. Dabei war der Austausch von Dozierenden zwischen einer Universität in Kinshasa und einer belgischen Universität eine «Einbahnstrasse», indem nur belgische Dozierende ihr Wissen nach Afrika trugen.

Dabei gäbe es einiges zu voneinander zu lernen, denn Afrika und Europa lägen unterschiedliche Rationalitäten und Kulturen zugrunde, sagte Bujo. So richte ein Projekt der Entwicklungszusammenarbeit zum Beispiel mehr Schaden als Nutzen an, wenn beim Strassenbau durch ein afrikanisches Dorf die kulturellen Gepflogenheiten in Bezug auf den Umgang mit der Natur und den Einbezug der Dorfgemeinschaft inklusive der Ahnen nicht berücksichtigt würden.

Ähnlich oder verschieden?

Ob allerdings die kulturellen Unterschiede tatsächlich so gross sind und geradlinig zwischen Afrika und Europa verlaufen, stellten die anderen Podiumsteilnehmenden in Frage. Aus dem Publikum wurde zu bedenken gegeben, dass auch die afrikanische Kultur keineswegs homogen sei.

«Ich sehe im Vergleich mit meinen wissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen keine grossen Unterschiede», meinte Müller-Böker. Und allfällige Vorurteile oder Verallgemeinerungen würden eben gerade durch die Zusammenarbeit abgebaut. Auch Utzinger betonte, er erlebe beispielsweise die langjährige Kooperation mit der Elfenbeinküste als «einfach und natürlich».

Probleme könnte sich Hans Weder dann vorstellen, wenn es um die Zusammenarbeit mit Ländern geht, welche Menschenrechte verletzen. Da gelte es, genau hinzuschauen, denn «die Toleranz endet dort, wo die Toleranz selber gefährdet ist». Diskutiert werden müsste dann, ob nicht gerade Bildung die einzige Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation darstelle.

Im Dialog sein

Einig waren sich die Teilnehmenden des Podiums, dass jegliche Kooperation der wissenschaftlichen Korrektheit verpflichtet sein und nach «Topqualität» streben muss. Die beste Basis, um Fremdes zu verstehen und allfällige Vorurteile anzusprechen, sei der ständige Dialog. Es gehe um eine partnerschaftliche Entwicklung von Forschungsfragen, betonte Müller-Böker. Werde dieser Ansatz verfolgt, so komme es auch nicht zu ungünstigen Ergebnissen wie beim erwähnten Strassenbau durch das afrikanische Dorf.

Müller-Böker gab sich mit Blick in die Zukunft zuversichtlich, dass dies auch im Falle der Universität Zürich gelingen könne: «In zehn Jahren werden solche Kooperationen etabliert sein.»