Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

 

Die Zürcher Erfahrungen teilen

Wie sollen Universitäten geführt werden und wie können sie ihre Qualität sichern? Die deutschen Hochschulen interessieren sich für die Erfahrungen der Universität Zürich. Rektor Prof. Hans Weder übernimmt den Vorsitz des Stiftungsrates der Evaluationsagentur Baden-Württemberg und ist in den Universitätsrat der Universität Jena gewählt worden.
Adrian Ritter

Kategorien

«Das Zürcher Modell der Qualitätssicherung geniesst in Deutschland einen sehr guten Ruf», sagt Rektor Prof. Hans Weder.

unipublic: Herr Weder, welche Aufgabe erwartet Sie als Vorsitzender des Stiftungsrates der Evaluationsagentur Baden-Württemberg (evalag)?

Hans Weder: Die Agentur erfüllt im Auftrag des Wissenschafts- ministeriums von Baden-Württemberg die Aufgabe, international anerkannte Standards für Evaluationen und Akkreditierungen sowie Instrumente der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements für Hochschulen zu entwickeln. Als Vorsitzender des Stiftungsrates übe ich im Auftrag des Ministeriums die Aufsicht über die Agentur aus. Insbesondere besteht meine Aufgabe aber darin, mein Wissen zu diesen Themen in die Tätigkeit der Agentur einfliessen zu lassen.

Sie waren sowohl an der Universität Zürich wie auch innerhalb der Rektorenkonferenz auf nationaler Ebene Leiter von Projektgruppen zum Thema Qualitätssicherung. Warum interessieren sich die Hochschulen in Deutschland für die Erfahrungen in der Schweiz?

Hans Weder: Wir haben in der Schweiz hinsichtlich der Entwicklung solcher Instrumente einen Vorsprung von rund zehn Jahren auf Deutschland. Die Universität Zürich beispielsweise begann 1994, Instrumente der Qualitätssicherung zu entwickeln. Das daraus entstandene Modell geniesst in Deutschland einen sehr guten Ruf. Allgemein lässt sich sagen, dass das schweizerische Modell der Qualitätssicherung in Europa immer mehr Beachtung findet.

Was muss man sich unter diesem schweizerischen Modell vorstellen?

Hans Weder: Es ist ein Modell der institutionellen Akkreditierung. Dies bedeutet, dass nicht jeder Studiengang separat von den Behörden bewilligt wird, sondern die Hochschulen als Gesamtinstitution beurteilt werden. Voraussetzung dazu ist, dass die Hochschulen über ein System der Qualitätssicherung verfügen, welches ihnen erlaubt, ihre Studiengänge selbstständig zu akkreditieren und deren Qualität zu sichern.

In Deutschland war das bisher anders?

Hans Weder: Ja, bisher mussten Tausende von einzelnen Studiengängen separat akkreditiert werden – eine unglaubliche Bürokratie in den Ministerien war die Folge. Ich habe mich in unzähligen Referaten an deutschen Hochschulen immer wieder für das System der institutionellen Akkreditierung ausgesprochen und bin überzeugt, dass die Entwicklung in unserem Nachbarland jetzt in diese Richtung gehen wird.

Welche Bedeutung hat die evalag in diesem Prozess?

Hans Weder: Die Agentur stellt den Universitäten Dienstleistungen zur Verfügung, um selber Systeme der Qualitätssicherung aufzubauen. Wir haben diverse Anfragen, diesen Prozess zu begleiten, etwa an den Universitäten Tübingen, Heidelberg und Mannheim.

Können die bestehenden Instrumente der Schweizer Hochschulen einfach exportiert werden?

Hans Weder: Die Instrumente müssen natürlich auf die einzelnen Hochschulen und Studiengänge zugeschnitten sein. Zudem ist auch in der Schweiz die Diskussion darüber, mit welchen Indikatoren die Qualität von Forschung und Lehre am besten gezeigt werden kann, noch nicht abgeschlossen. Qualität lässt sich nie restlos mit quantitativen Werten ausdrücken. Aber wir kennen aufgrund unserer Erfahrung doch gewisse Eckpunkte der Qualitätssicherung, die auch für Deutschland nützlich sind.

Was sind solche Eckpunkte?

Hans Weder: Das Modell der Universität Zürich zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass es mehrdimensional aufgebaut ist. Neben quantitativen Angaben wie beispielsweise Zitationshäufigkeit umfasst es auch qualitative Werte wie «peer reviews» oder die Selbstbeurteilung der Forschenden und Lehrenden.

Mit dem bereits vorhandenen Wissen scheinen für die evalag methodisch keine unlösbaren Probleme zu bestehen?

Hans Weder: Nein, die grosse Herausforderung ist der Wettlauf mit der Zeit. Die so genannte Exzellenzinitiative der Deutschen Bundesregierung hat dazu geführt, dass die Universitäten möglichst rasch ihre Qualität unter Beweis stellen wollen. Unsere Erfahrungen zeigen aber, dass dies Zeit benötigt. Einerseits wollen die Instrumente sorgfältig entwickelt werden, vor allem aber ist es auch wichtig, die Universitätsangehörigen für das Anliegen zu gewinnen.

Was bedeutet das?

Hans Weder: Die Qualitätssicherung kann nicht gelingen, wenn die Forschenden und Lehrenden diese Aufgabe nur als Belastung betrachten. Es gilt, die Universitätsangehörigen davon zu überzeugen, dass Qualitätssicherung ein enormer Lernprozess für eine Universität sein kann – man erfährt viel über die eigene Arbeitsweise und kann gemeinsam darüber nachdenken, in welche Richtung man sich weiterentwickeln will.

Der Universitätsrat der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit Prof. Hans Weder (vierter von rechts).

Mit Veränderungen in der Hochschullandschaft hängt auch Ihr zweites neues Engagement zusammen, die Mitgliedschaft im Universitätsrat der Universität Jena. Wie kam es dazu?

Hans Weder: Die Deutschen Hochschulen sind erst am Anfang ihres Weges aus der Bürokratie hin zu mehr Autonomie. Das neue Universitätsgesetz des Bundeslandes Thüringen ermöglicht den Universitäten mehr Autonomie. Es sieht einen Universitätsrat vor, der diesen Prozess unterstützen soll, indem er beispielsweise zur Profilbildung beiträgt. Er hat eine gewisse Aufsichtsfunktion, wählt den Rektor und die Prorektoren, ist ansonsten aber vor allem ein beratendes Germium und Ansprechpartner für die Universitätsleitung. Ich bin gewählt worden als Vertreter einer Universität, die bereits seit mehreren Jahren einen solchen Universitätsrat hat und über entsprechende Erfahrungen verfügt.

Worin wird die Aufgabe konkret bestehen?

Hans Weder: Die neue, erweiterte Autonomie verlangt unter anderem gewisse Organisationsreglemente, die der Universitätsrat erstellen muss. Mehr Autonomie bedeutet aber auch, der Politik und den Behörden gegenüber die eigenen Anliegen vermehrt zu vertreten. Gerade diese Schnittstelle zur Politik interessiert mich. Ich sehe sie als einen der Schwerpunkte meiner Tätigkeit im Universitätsrat von Jena.