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Crime Mapping

Computer auf Verbrecherjagd

Kriminologen der UZH und die Zürcher Stadtpolizei wollen gemeinsam für mehr Sicherheit in Zürich sorgen. Auf dem ersten «Zürcher Präventionsforum» diskutierten sie am vergangenen Freitag das «Crime Mapping» als Fahndungsinstrument der Zukunft.
Marita Fuchs

Zürich liegt im Ranking der schönsten Städte der Welt ganz vorne, unter anderem auch deshalb, weil sie zu den sichersten Städten gehört. Im Schweizer Vergleich sieht es anders aus: Gemäss Polizeilicher Kriminalstatistik wird rund die Hälfte der gesamtschweizerischen Kriminalität im Kanton Zürich verübt und davon wiederum die Hälfte in der Stadt selbst. Berücksichtigt man die unterschiedliche statistische Erfassung in den Kantonen, so entfällt mindestens ein Achtel der in der Schweiz verübten Straftaten auf die Stadt Zürich.

Räumt der Präventionsarbeit der StaPo einen hohen Stellenwert ein. Stadträtin und Vorsteherin des Polizeidepartements Esther Maurer.

Was tun, um diese Situation zu ändern? Die Stadtpolizei Zürich (StaPo) setzt neben der intervenierenden Polizeiarbeit auf die Vorsorge. «Prävention gehört zu den hehrsten Aufgaben der Polizeiarbeit», sagte Stadträtin Esther Maurer in ihrem Begrüssungswort zum ersten Zürcher Präventionsforum an der Universität Zürich. Unterstützung kommt seitens der Wissenschaft. Professor Christian Schwarzenegger vom Kriminologischen Institut der UZH und das Europa Institut an der UZH hatten Praktiker der Polizeiarbeit und Wissenschaftler zur Tagung geladen, um neue Methoden der Kriminalprävention zu diskutieren.

Hot Spots der Kriminalität einkreisen

«In der kommunalen Kriminalprävention haben sich in den letzten Jahren nachbarschafts- oder quartierorientierte Praktiken etabliert» erläuterte Professor Christian Schwarzenegger. Damit versuche die Polizei Problemherde, so genannte Hot Spots, schnell zu lokalisieren, um rechtzeitig intervenieren zu können. Eine wichtige Informationsquelle, die Entstehung dieser Brennpunkte zu erklären, seien die Kriminalstatistiken. Obwohl diese stark durch das Anzeigenverhalten und andere Faktoren beeinflusst werden, lassen sich Zusammenhänge von Straftaten dokumentieren.

«Die kriminalpräventive Tätigkeit der Polizei ist auf eine systematische Problemerfassung und –analyse angewiesen.» Prof. Christian Schwarzenegger (l.). Neben ihm: Hauptmann Jürg Müller (StaPo).

Das Kriminologische Institut der UZH unterstützt die StaPO bei dieser Analyse. Im Projekt «Langstrasse PLUS» beispielsweise geht es um die Entstehung von Hot Spots. Neben Daten aus den Polizeiakten flossen sowohl Opfer- und Täterbefragungen, als auch Expertenbefragungen mit in die Analyse ein, erläuterte Christian Schwarzenegger. Zudem berücksichtigten die Wissenschaftler das selektive Anzeigenverhalten und das räumliche und zeitliche Vorkommen von Straftaten. Nach der Datenauswertung der Kriminalstatistiken des Jahres 2004, die im Rahmen des Forschungsprojektes Langstrasse PLUS vom Kriminologischen Institut analysiert wurden, lassen sich in Zürich drei Hot Spots lokalisieren.

Steckfähnchen haben bei der Verbrechersuche bald ausgedient.

Belastete Kreise 1, 4 und 5

Der Kreis 1 hat die höchste räumliche Konzentration an angezeigten Delikten. Vermögensdelikte wie Raub oder Einbruchdiebstahl liegen an der Spitze. Der Kreis 4 weist dagegen eine geringere Konzentration insgesamt auf, doch setzt sich die Kriminalität dort aus schwerwiegenderen Verbrechen zusammen, wie Gewalttaten und Sexualdelikten. Der Kreis 5 verzeichnet vor allem eine Überbelastung mit Drogenhandel.

Trends festmachen

Um Trends in der Kriminalentwicklung voraussagen zu können, sei es notwendig, Schlüsseldelikte zu erkennen und Zusammenhänge aufzuzeigen, sagte Schwarzenegger. In Kombination mit einem polizeilichen Geoinformationssystem (GIS) in Form eines «Crime Mapping» liessen sich Kriminalitätsereignisse genau verorten und Abweichungen prognostizieren.

Visuell anschaulich

Was versteht man unter Crime Mapping nun genau? Noch vor kurzem zeigte eine Karte mit Fähnchen im Büro der Ermittler die Orte der Verbrechen an. Mit dem Crime Mapping werden die Daten nun im Computer erfasst, können wesentlich exakter und differenzierter extrahiert, räumlich zugeordnet und grafisch visualisiert werden. Einbrüche oder Gewalttaten können schneller als früher erfasst und direkt analysiert werden.

Mit Einbruchdiebstählen deutlich überdurchschnittlich belastete Gebiete (Hot Spots) in der Stadt Zürich im Mai 2007.

Die digitalen Karten können eine schnelle Informationsquelle für Fahnder sein. Vor allem in den USA, den Niederlanden und Grossbritannien setzen Ermittler schon auf diese Methode. Straftäter verrieten sich nämlich nicht nur durch die Art, wie sie ihre Verbrechen begehen, erläuterte die Engländerin Kate Bowers – eine Pionierin des Crime Mapping – sondern auch, wo sie sie begehen.

Rückgang der Diebstähle um 24 Prozent

Die zeitliche und geografische Auswertung der Tatorte nach Delikttypen enthüllen Serien oder so genannte Cluster, die wiederum für präventive Strategien der Polizei herangezogen werden können.

Patrik Manzoni und Urs Thalmann, wissenschaftliche Mitarbeiter am Kriminologischen Institut, fanden anhand der statistischen Auswertung von Einbrüchen in Zürich heraus, dass sie zurückgingen, wenn ein Bündel von präventiven Massnahmen durch die Polizei einsetzt wird. In Seebach zum Beispiel reduzierten sich die Einbrüche in der Zeit von Januar 2006 bis zum Oktober 2007 um 24 Prozent. In diesem Zeitraum wurden die Einwohner durch einen Brief auf die Gefahren der Einbrüche aufmerksam gemacht, eine mobile Beratungsstelle eingerichtet und Fusspatrouillen eingesetzt.

Noch liessen sich diese Ergebnisse nicht verallgemeinern, sagte Manzoni, jedoch könnte mit Hilfe des Crime Mapping in Zukunft gezeigt werden, ob sich die Einbruchskriminalität verlagere und gegebenenfalls auf andere Stadtkreise ausweiche. Sobald die Fahnder von einer Verlagerung erführen, könnten sie entsprechend reagieren. Urs Thalmann betonte, dass das Crime Mapping nur so gut sei, wie die zugrunde liegenden Daten. In Zukunft müsse noch daran gearbeitet werden, Daten aus unterschiedlichen Quartieren statistisch so aufzubereiten, dass sie eins zu eins vergleichbar wären.

Pro-aktiv, nicht re-aktiv

Neben dieser Früherkennung von Kriminalität per Computer setzt die Zürcher Polizei auf Formen der Prävention, die unter dem Motto «Community Policing» eine enge Zusammenarbeit mit der Bevölkerung propagiert. Hauptmann Jürg Müller (StaPo), Chef der Abteilung Prävention, möchte die Polizei für die Bevölkerung spürbarer machen. «Wir wollen die Fusspatrouillen verstärken, vor allem dort, wo ein Hot Spot entsteht.» sagte Müller.