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«Ich habe einen langen Atem»

Der Universitätsrat ist dem Vorschlag des Senats gefolgt und hat am Montag Andreas Fischer zum Nachfolger von Rektor Hans Weder bestimmt. Andreas Fischer ist Ordinarius für Englische Philologie und war Dekan der Philosophischen Fakultät. Er wird sein Amt als Rektor am 1. August 2008 antreten.
David Werner

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Der Universitätsrat hat Andreas Fischer zudem für den Rest der laufenden Amtsperiode zum Prorektor Lehre gewählt - als Nachfolger von Professor Ulrich Klöti, der im Februar 2006 im Amt verstorben ist. Andreas Fischer wird sich in den zwei Jahren seines Prorektorates in die Geschäfte des Rektors einarbeiten.

Prof. Dr. Andreas Fischer wird ab August 2008 der Universität Zürich als Rektor vorstehen.

Der Wahl von Prof. Fischer als Rektor der Universität Zürich ging ein anspruchsvolles Findungsverfahren voraus, das von einer universitätsinternen Findungskommission in enger Zusammenarbeit mit dem Universitätsrat geführt wurde. Es wurden interne und auch externe Kandidatinnen und Kandidaten angesprochen, auf eine Ausschreibung der Position wurde indes verzichtet. Die Kandidierenden der engsten Wahl hatten universitätsintern verschiedene Hearings, zunächst bei der Findungskommission und beim Universitätsrat und dann, nach Bekanntgabe der Kandidaturen durch die EUL, bei allen Fakultäten und Ständen zu bestreiten. Zum Verfahren gehörte auch ein externes Assessment durch die Firma Mercuri Urval.

Der Universitätsrat ist laut einer Mitteilung überzeugt, in Prof. Dr. Andreas Fischer einen neuen Rektor gefunden zu haben, der die Universität Zürich erfolgreich in die Zukunft führen kann.

unipublic: Herr Fischer, herzliche Gratulation zu Ihrer Wahl als zukünftiger Rektor. Wie kam es zu Ihrer Kandidatur für das Amt an der Spitze der Universität Zürich?

Andreas Fischer: Die Findungskommission für eine Nachfolge von Rektor Hans Weder trat Ende November letzten Jahres mit der Frage an mich heran, ob ich für das Amt des Rektors kandidieren wolle. Das kam für mich völlig überraschend. Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, nach meiner Zeit als Dekan der Philosophischen Fakultät innerhalb der Universität nochmals eine Leitungsfunktion zu übernehmen. Nach Rücksprache mit meiner Familie habe ich mich aber dann doch rasch für die Kandidatur entschieden. Dass ich jetzt tatsächlich zum Rektor gewählt wurde, empfinde ich als grosse Ehre. Ich freue mich darauf, dieses schöne und verantwortungsvolle Amt anzutreten.

Wie haben Sie das Auswahlverfahren erlebt?

Als anspruchsvoll. Das ganztägige Assessment durch eine externe Beratungsunternehmung, dem ich mich zu stellen hatte, bestand aus verschiedenen Eignungstests und einem Interview zu meinem Leben und meinen Fähigkeiten. Bald danach fand das einstündige Hearing vor der Findungskommission statt. In einem Zwanzig-Minuten-Referat stellte ich mich vor, dann folgte die Befragung. Am Ende dieses Tages verglich die Findungskommission ihre Eindrücke mit den Ergebnissen des Assessments.

Transparente Kommunikation

Seit wann beschäftigen Sie sich mit universitätspolitischen Fragen, die über Ihren Fachbereich hinausreichen?

Spätestens seit den Neunzigerjahren, als ich Mitglied der Lehrkommission und der Projektleitung Studienreformen wurde. Diese Tätigkeiten haben mir den Blick für gesamtuniversitäre Fragestellungen geöffnet. Sehr wichtig und lehrreich in diesem Zusammenhang war für mich natürlich meine Amtszeit als Dekan der Philosophischen Fakultät von März 2004 bis Februar 2006. Ich denke, es hat mir bei der Kandidatur sehr geholfen, dass ich eine erfolgreiche Zeit als Dekan hinter mir habe.

Was befähigt Sie besonders für das Rektorenamt?

Ich bin ein ruhiger, besonnener Mensch, der Prioritäten setzen und Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden kann. Ich habe einen langen Atem. In der Schule war ich eher ein Langstrecken- als ein Kurzstreckenläufer. Vor Zielvorgaben, die nur langfristig einzulösen sind, schrecke ich nicht zurück. Ich habe ein grosses Durchhaltevermögen, und ich kann einstecken. Ich scheue mich nicht, mich zu exponieren und für Entscheide einzustehen. Ich denke, dass ich ein offener Kommunikator bin. Ich weiss, dass man es als Rektor nicht immer allen recht machen kann. Ich werde daher viel Wert darauf legen, Betroffene in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und die Gründe für einmal getroffene Entscheide transparent und verständlich darzulegen.

«Es steht einer Universität gut an, wenn sie von jemandem geleitet wird, der sie auch von innen kennt.»

Nicht nur eine Managementaufgabe

Sie sind seit mehr als zwanzig Jahren an der Universität Zürich tätig, Sie kennen diese Institution also genauestens. Ist das ein Vorteil oder ein Nachteil für einen künftigen Rektor?

Es steht einer Universität gut an, wenn sie von jemandem geleitet wird, der sie auch von innen kennt. Im Bereich des Managements werde ich in den nächsten zwei Jahren viel lernen müssen. Die Leitung einer Universität ist aber nicht nur eine Managementaufgabe: Um sich als Rektor erfolgreich durchzusetzen und akzeptiert zu werden, ist es sicher von grossem Vorteil, wenn man die Eigenarten und die innere Funktionsweise der Universität genau kennt.

Nachwuchsförderung und emotionale Bindung

Können Sie schon sagen, in welchen Bereichen Sie als Rektor voraussichtlich Prioritäten setzen werden?

Die derzeitige Universitätsleitung macht gute Arbeit, ich werde im Grossen und Ganzen sicher die Kontinuität dazu wahren. Zweierlei - das kann ich schon jetzt sagen - wird mich aber besonders beschäftigen: Das eine ist die Nachwuchsförderung, die noch weiter verbessert werden muss, damit junge Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im In- und Ausland weiterhin faire Chancen haben. Nachwuchsforschende auf der Stufe zwischen Doktorat und Assistenzprofessur sind oft mit sehr vielen Unsicherheiten konfrontiert; wir müssen dafür sorgen, dass dies die Begabtesten nicht davon abhält, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen.

Und Ihr zweiter Schwerpunkt?

Der besteht darin, die Universität Zürich als Marke, als «Brand» im Bewusstsein der Bevölkerung, aber auch im Bewusstsein der Universitätsangehörigen und der Absolventinnen und Absolventen zu etablieren. Studierende und Dozierende sollen stolz sein auf ihre Universität - auch dann noch, wenn sie diese Institution verlassen haben. Ein solches emotionales Zugehörigkeitsgefühl zur Alma Mater ist an amerikanischen Universitäten beispielsweise viel stärker ausgeprägt. Ich sehe diesbezüglich bei uns noch grosses Aufholpotential.

Sie sind in Basel aufgewachsen und haben dort studiert, leben aber seit 20 Jahren in Zürich. Haben Sie noch Kontakte zu Ihrer Heimatstadt?

Zum Englischen Seminar und verschiedenen Kollegen an der Universität Basel habe ich rege Kontakte. Doch bei aller Liebe zu meiner Heimatstadt - ich lebe gern in Zürich und würde nicht mehr von hier weggehen wollen.

Liebe zum Theater

Sie haben ein Jahr Ihrer Studienzeit in der nordenglischen Stadt Durham verbracht. Haben Sie dort Ihre Frau, die englisch als Muttersprache spricht, kennengelernt?

Nein, erst später. Meine Frau war Balletttänzerin am Theater Basel, sie hat aber auch bei der Theatergruppe des Englischen Seminars mitgespielt, wo ich gelegentlich als Beleuchter gewirkt habe. So haben wir uns getroffen.

Standen Sie auch einmal als Schauspieler auf der Bühne?

Ab und zu am Anfang meines Studiums, ich habe aber die Schauspielerei nie als meine Berufung angesehen. Eine Alternative zu meinem Anglistik- und Germanistikstudium wäre vielleicht eine Laufbahn als Architekt oder Pilot gewesen.

Ist Theater heute noch ein Thema für Sie?

Oh ja. Fürs Sprechtheater habe ich mich immer interessiert. Später, durch meine Frau, kam die Faszination für die Oper hinzu. Wir gehen regelmässig in die Oper, die mich als Gesamtkunstwerk fasziniert. Mein Lieblingsinterpret ist Thomas Hampson, ihn verpasse ich nie, wenn er einmal nach Zürich kommt. Sprechtheater besuche ich vor allem, wenn ich mit meiner Familie zusammen nach England reise, dann stehen jeweils ein oder zwei Intensiv-Theaterwochen in London auf dem Programm.

Von Pereira lernen?

À propos Oper: Kann ein zukünftiger Rektor der grössten kantonalen Bildungsinstitution von Alexander Pereira, dem erfolgreichen Intendanten der grössten kantonal-zürcherischen Kulturinstitution, etwas lernen?

Oper und Universität sind kaum zu vergleichen. Abgesehen davon ist Pereira ein Showtalent und insofern ein ganz anderes Naturell als ich. In einem Punkt aber könnte man vielleicht tatsächlich etwas lernen: Pereira versteht es wie kein zweiter, private Sponsoren für seine Institution zu gewinnen. Zusätzliche Geldgeber für die Universität zu finden, das ist ein Ziel, das auch ich mir gesteckt habe. Ich bin ein überzeugter Anhänger der Schweizer Universitäten als staatliche bzw. kantonale Institutionen. Aber die Mittel der öffentlichen Hand sind nicht unbeschränkt und die Konkurrenz um Gelder im Bildungswesen hat zugenommen. Nur schon um das Qualitätsniveau in Forschung und Lehre zu halten brauchen wir wesentlich mehr finanzielle Mittel als bisher.

Wie positioniert sich eine Universität im Wettbewerb um Drittmittel besonders gut?

Indem Sie ihr Profil durch Bildung von Forschungsschwerpunkten schärft – wie dies an der Universität Zürich bereits geschieht. Fachbereiche oder Institute, die durch herausragende Leistungen auffallen, ziehen am meisten Drittmittel an.

Fächervielfalt erhalten

Im Zusammenhang mit der Finanzierung der Schweizer Universitäten wird immer wieder von Synergienutzung gesprochen - bis hin zur Idee einer Hochschule Schweiz. Was halten sie davon?

Der Druck vom Bund auf die Universitäten in diesen Fragen wird wohl zunehmen. Die Autonomie der Universitäten sollte aber nicht angetastet werden. Meiner Meinung nach tun die Universitäten gut daran, die Zusammenarbeit untereinander von Fall zu Fall in Eigenregie zu organisieren. Gewisse kleinere Fächer nur an bestimmten Schweizer Universitäten anzubieten, ist sicher sinnvoll. Im grossen Ganzen aber sollte die Fächervielfalt an der Universität Zürich erhalten bleiben, denn gerade in dieser breiten Angebotspalette liegt ein entscheidender Standortvorteil. Den dürfen wir nicht aus der Hand geben.

Könnte der Wille, weiterhin eine Volluniversität zu sein, in Widerspruch geraten zum Bestreben, die Schwerpunktbildung voranzutreiben?

Das muss und sollte kein Widerspruch sein. Mir schwebt das Bild eines Mischwaldes vor, aus dem einzelne Mammutbäume herausragen. Vielfalt bedeutet nicht bloss Wachsen in die Breite; es bedeutet, das Potential für Schwerpunktbildungen zu erhalten.

 

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