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Ängste, die lästigen Begleiter

Nervosität, Schlafstörungen, lähmende Selbstzweifel: Prüfungsängste sind eine Qual. Sie ersticken die Lust am Lernen und beeinträchtigen das Aufnahmevermögen. Was lässt sich dagegen tun?
David Werner

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Wochen- und monatelang hat man Bücher und Reader gewälzt, hat Freunde vernachlässigt, die Wohnung nicht mehr aufgeräumt, ist abends kaum mehr ausgegangen. Tag für Tag hat man sich dem Diktat von Leselisten und Zeitplänen unterworfen. Und dann, kurz vor der Prüfung, nehmen die lange bekämpften bangen Gefühle doch wieder überhand: Wird man im entscheidenden Moment sein mühsam erworbenes Wissen auch differenziert, präzise und prägnant genug zur Geltung bringen können? Oder werden dumme Patzer oder unvorhergesehene Prüfungsfragen alles verderben?

Angst vor der Angst

Wer vor Prüfungen steht, muss Unsicherheiten ertragen. Das gelingt nicht immer und nicht allen gleich gut: Schweissausbrüche, Herzrasen, Erschöpfungszustände, Magenbeschwerden, Konzentrationsstörungen kommen häufig vor. Prekär wird es, wenn solche Symptome das Lernen behindern. Spätestens dann sollte man Hilfe bei einer Beratungsperson suchen.

Martin Handschin (Geschichte; soeben abgeschlossen): «Dank meiner Arbeitserfahrung gelang es mir zunächst, die Lizprüfungen zu relativieren – es gibt noch anderes im Leben. Doch dann machte mir meine Psyche einen Strich durch die Rechnung. Die typischen Ängste kamen: Man hat das Gefühl, genau das Unwichtige gelernt zu haben.»

Oft mischen sich die verschiedensten Ängste: Angst vor einer Blamage oder vor den unliebsamen Konsequenzen einer nicht bestandenen Prüfung. Angst, dem Druck nicht standzuhalten oder bei einer Wissenslücke ertappt zu werden. Angst vor dem Alleinsein während der Prüfung oder Angst vor der Autorität des Prüfenden. Und nicht zuletzt: Die Angst vor einem Blackout, der totalen Blockade. Die Angst vor der Angst.

Selbstüberwindung gefordert

Es versteht sich von selbst, dass Prüfungssituationen immer mit einer gewissen Anspannung einhergehen. «Wenn Prüfungen problemlos bestanden werden könnten, wären sie eigentlich keine Prüfungen», sagt Eugen Teuwsen, Leiter der Psychologischen Beratungsstelle beider Hochschulen. «Prüfungen verlangen ein gewisses Mass an Selbstüberwindung. Sie sind, ähnlich wie Initiationsriten, mit Reifungsprozessen verbunden. Insofern sind sie nicht nur als Leistungsnachweis zu betrachten; sie fordern die ganze Persönlichkeit heraus.» Kein Wunder, brechen latente innere Konflikte oft ausgerechnet in Prüfungsvorbereitungsphasen aus. Umgekehrt werden viele Fähigkeiten, die für das Selbstbewusstsein von Bedeutung sind, gerade im Hinblick auf bevorstehende Prüfungen ausgebildet: zum Beispiel die Fähigkeit, den eigenen Wissensstand und das eigene Leistungsvermögen adäquat einzuschätzen und die zur Verfügung stehende Zeit entsprechend einzuteilen. Wer dies gelernt hat, der wird nicht nur weniger Prüfungsängste haben, sondern am Ende wohl auch besser abschneiden.

Selbstverständlich sind angesichts von Prüfungen nicht nur Studierende gefordert, sondern auch Lehrende. Für die Qualität der Lehre ist die Konzeption von Prüfungen sehr wichtig, denn Studierende lernen im Hinblick darauf, was an Prüfungen gefordert wird. «Prüfungen sind wirkungsmächtige didaktische Steuerungsmechanismen; sie bestimmen entscheidend mit, was gelernt wird und wie gelernt wird», sagt Peter Tremp, Leiter der Arbeitsstelle für Hochschuldidaktik (AfH). Die AfH wird im Herbst ein an Dozierende gerichtetes Themendossier herausbringen, das der Frage gewidmet sein wird, wie Prüfungen konzipiert sein sollten, damit sie gutem Lernen förderlich sind. Die Bologna-Reform betrachtet Tremp als Chance, Prüfungen möglichst eng mit der Lehre zu verknüpfen, da nun an die Stelle der grossen Abschlussprüfungen viele über die ganze Studienzeit verteilte, modulbezogene Prüfungen treten. Das bringt nicht zuletzt den Vorteil, dass Studierende schon frühzeitig lernen können, wie sie allfällige Prüfungsängste am besten in den Griff bekommen.

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