Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

 

Mit Hormonen gegen den Hunger

Übergewicht wird mittlerweile von der Weltgesundheitsorganisation WHO als Epidemie eingestuft. Die Veterinärphysiologin Csilla Becskei untersucht einige jener Hormone, die den Hunger steuern. Unterstützt wird sie dabei vom Forschungskredit der Universität Zürich.
Felix Straumann

Forscht seit fünf Jahren am Institut für Veterinärphysiologie an der Behandlung falscher Hungergefühle: Csilla Becskei. 

«Es ist das gleiche wie mit dem Rauchen», sagt die Veterinärmedizinerin Csilla Becskei: Eigentlich müsste man nur damit aufhören. Doch vernünftiges Handeln ist nicht immer einfach, beim Rauchen genauso wenig wie beim Übergewicht. Im Grundsatz sei sich die Wissenschaft einig, dass mangelnde Bewegung und falsche Ernährung die Ursache für die besorgniserregende Zunahme von Übergewicht in den westlichen Ländern ist, weiss Becskei. «Die WHO hat Übergewicht inzwischen sogar als Epidemie eingestuft.» Eine Behandlung falscher Hungergefühle oder von übermässigem Appetit wäre deshalb sinnvoll. Auf der ganzen Welt suchen Forschende mit Hochdruck danach.

Spannende Regulation der Nahrungsaufnahme

Auch die Ungarin Becskei, die vor fünf Jahren in die Schweiz ans Institut für Veterinärphysiologie der Universität Zürich gekommen ist, um zu dem Thema zu forschen. Die medizinische Anwendung beziehungsweise die Behandlung von Übergewicht ist für sie jedoch nur ein Teil ihrer Motivation. Für sie ist die Regulation der Nahrungsaufnahme ganz grundsätzlich ein spannendes Forschungsthema. «Es ist wie ein Puzzle», schwärmt die Tiermedizinerin. «Möglicherweise kommen dabei Resultate heraus, die für ganz andere Dinge nützlich sein könnten – zum Beispiel für die Behandlung der Zuckerkrankheit.»

Peptid YY stoppt den Hunger

Die Veterinärmedizinerin untersucht im Rahmen ihrer PhD-Doktorarbeit Botenstoffe, mit denen der Körper dem Gehirn mitteilt, ob es jetzt Hunger haben soll oder nicht. Sie arbeitet dabei vor allem mit Ratten, die besonders geeignet seien, denn: «Ratten essen wie wir Mahlzeiten», so Becskei. Sie haben deshalb eine ähnliche Regulation der Nahrungsmittelaufnahme wie der Mensch.

Auf der Suche nach Botenstoffen, die dem Gehirn mitteilen, ob es Hunger haben soll oder nicht. 

«Kommunikation» zwischen Darm und Hirn

Ein Hormon, bei dem Becskei im Team von Professor Thomas A. Lutz am Institut für Veterinärphysiologie erste Erfolge feiern konnte, ist das «Peptid YY». Es ist ein sogenanntes anorektisches Hormon, das dem Hirn sagt, dass nicht mehr gegessen werden soll. Peptid YY wird vom Magendarm während des Essens ausgeschüttet und inaktiviert Zellen in einem Hirnbereich namens Hypothalamus. Dieser Bereich ist unter anderem an der Regulation der Nahrungsaufnahme beteiligt. Aktiv werden dort die Hirnzellen, wenn gegessen werden soll, etwa nach einer mehrstündigen Hungerzeit.

«Das Peptid YY hemmt letztlich Hungergefühle», sagt Becskei. Ob es sich damit auch als Medikament gegen übermässigen Appetit eignet, ist unklar. Die Forscherin schätzt, dass zwischen 20 bis 200 verschiedene Hormone bei der Regulation des Hungers beteiligt sind. Dass dabei ein einzelnes Molekül das ganze System so dominieren kann, scheint unwahrscheinlich. Vor einigen Jahren hielten Forscher das neu entdeckte Hormon Leptin als das zentrale Hunger hemmende Hormon – eine Vermutung, die damals Schlagzeilen machte. Inzwischen ist man jedoch klüger geworden: «Leptin spielt zwar eine grosse Rolle, es ist jedoch lange nicht der einzige wichtige Botenstoff», sagt Becskei.

Mehr Freiheit für Experimente

Becskei arbeitet zur Zeit mit rund zehn verschiedenen Botenstoffen, darunter Insulin, Leptin und das Peptid YY. Sie schaut, welche Reaktion diese im Hirn der Ratten auslösen. Der Forschungskredit zahlt ihr dabei den Lohn für zwei Jahre. «Ohne diese Unterstützung hätte ich nicht alle Versuche durchführen können», sagt die junge Forscherin. Vor allem Fragestellungen, die sich erst im Laufe des Projekts auftaten, wären auf der Strecke geblieben. «Der Forschungskredit gibt mir mehr Freiheit, eigene Versuche zu machen.»

Ursprünglich hat Becskei Veterinärmedizin studiert, weil sie gerne Tiere heilen wollte. Als Kind in Ungarn waren immer Hunde, Katzen, Kaninchen und Hamster um sie herum. Deshalb vermisst sie ihre frühere Arbeit als Tierärztin etwas. Doch dies nimmt sie in Kauf. Zu gross ist ihr «Appetit» auf Hunger- und Sättigungshormone.

Weiterführende Informationen