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«Get involved» in E-Learning

Die E-Learning-Lehrveranstaltung «Corporate Finance» - eines der bekanntesten Grossprojekte von Swiss Virtual Campus - liefert wertvolle, empirisch belegte Erfahrungen zum «Blended Learning». Mitglieder des E-Learning-Teams am Swiss Banking Institute der Universität Zürich beschreiben ihre Erfahrungen. Der vierte Teil unseres Dossiers «E-Learning».
Rudolf Volkart, Michael Korner und Peter Lautenschlager.

Das vor über drei Jahren gestartete Projekt «eCF - Get involved in Corporate Finance» hatte zum Ziel, für die Lehrveranstaltung Corporate Finance ein modernes didaktisches Konzept zu entwickeln und umzusetzen. Das eCF-Projekt ist weitgehend abgeschlossen und liefert mit den in den vergangenen drei Jahren gesammelten Evaluationsresultaten wertvolle Informationen zu den Möglichkeiten und Grenzen von «Blended Learning». Blended Learning bezeichnet die Kombination verschiedenartiger Lernmethoden und Lernmedien. «eCF» bestehtaus Lernmaterialien für das Selbststudium, virtuell durchgeführten Gruppenarbeiten, Präsenzveranstaltungen und einem umfassenden Betreuungskonzept für die Studierenden. Es werden also nicht einfach nur «alte» Lehr- und Lernformen durch «neue» ersetzt, sondern es soll eine für den Lernprozess optimale Kombination verschiedener Methoden und Techniken erreicht werden.

Eines der Hauptmotive zum Aufbau innovativer Lehr- und Lernkonzepte sind die eskalierenden Studierendenzahlen, die zu Lehrveranstaltungen mit Hunderten von Teilnehmenden führen. Dazu kommen die Bologna-Reform (Bachelor/Master-Konzept) sowie die Einführung eines Anrechnungspunktesystems. Letzteres verlangt von den Studierenden, dass die Lernprozesse verstärkt auf das laufende Semester gelegt werden, die Studierenden also nicht mehr während der Semesterferien, sondern bereits während des Semesters den Stoff erlernen müssen. Damit steigt nicht nur der Bedarf nach Selbstlern-Materialien, sondern auch jener nach einer verbesserten «Lehrer-Lerner»-Interaktion.

E-Learning erlaubt individuelles Lernen sowie ...

Im Fall der Lehrveranstaltung «Corporate Finance» wurde das Ziel definiert, eine zunehmend als Massenveranstaltung stattfindende Vorlesung mit Hilfe moderner Online-Kommunikationskanäle neu zu organisieren. Ein zentrales Anliegen ist die Verbesserung der Betreuungsverhältnisse. Zu diesem Zweck gelangen spezielle Online-Tutorensysteme zum Einsatz - und dies mit, längerfristig gesehen, nur moderaten Mehrkosten. Die veränderte Lernumgebung erfordert von den Studierenden während des Semesters allerdings zunehmende Emanzipation, Initiative und Selbstdisziplin, die noch äusserst unterschiedlich aufgebracht werden. Dem Umstand, dassdie Universität Zürich von je her eine Präsenzuniversität ist, mussebenfalls Rechnung getragen werden. Sofern die Studierenden aber rege online kommunizierten oder zusammen arbeiteten, fielen ihre Beurteilungen in der Evaluation von «eCF» überwiegend positiv aus.

Vorsicht ist bei Produktion und Einsatz von Online-Lernmaterialien walten zu lassen. Das erzielbare Kosten-Nutzen-Verhältnis ist vorgängig kritisch zu prüfen. Im Fall von «eCF Corporate Finance» zeigt sich beispielsweise, dass Flash-Animationen und Online-Selbsttests auf grosse Akzeptanz bei den Studierenden stossen, Video-Clips aber nur beschränkt zweckmässig sind.

Ein wesentliches Anliegen in der E-Learning-Umgebung stellt der Transfer der «Sprache» des Professors an die Studierenden dar. Dazu beitragen müssen periodische Zusammenkünfte im Hörsaal zur Aufrechterhaltung der persönlichen Kontakte. Im Fall des hier betrachteten Projekts wurde zudem ein neues Lehrbuch entwickelt, das als Basis für die Blended-Learning-Umgebung dient (siehe Kasten). Dies dokumentiert exemplarisch die Forderung nach einer sinnvollen Kombination «alter» und «neuer» Instrumente.

... Lernen in der Gruppe. Es verlangt aber von den Studierenden Emanzipation, Initiative und Selbstdisziplin.

Dass die Umstellung auf Blended Learning auch Orientierungsprobleme mit sich bringen würde, war zu erwarten. Die Studierenden werden durch die erwähnte, erhöhte Eigenverantwortung (Entwicklung einer «Learning Acquisition») vor allem während des laufenden Semesters gefordert, und die Dozierenden müssen sich in eine neue Rolle einleben. Diese nimmt immer mehr den Charakter eines Coaches, Lernmanagers und «Navigators in der Infosphäre»an.

In modernen Lernumgebungen wie «eCF» ist die physische Anwesenheit der Studierenden nicht mehr zwingend notwenig. Der Universität wird so der Zugang zu neuen Zielgruppen im Bereich des Distance Learning und in der Weiterbildung erleichtert. «eCF» wird denn auch nicht nur den immatrikulierten Studierenden, sondern auch öffentlich und kommerziell am Weiterbildungsmarkt angeboten. Im aktuellen Wintersemester 2003/04 nehmen bereits rund 30 Fach- und Führungsleute aus der Privatwirtschaft am Lehrgang teil.

Integriert konzipiertes E-Learning steckt, was empirisch gesicherte Aussagen zu Lerneffizienz, Lerneffektivität und Kosten-Nutzen-Verhältnis anbelangt, noch einigermassen in den Anfängen. In dieser Hinsicht sind neue wissenschaftliche Untersuchungen gefragt, die einer verbesserten Positionierung und Gestaltung von Blended Learning dienen. In jedem Fall stellt die Auseinandersetzung mit neuen Möglichkeiten des Lehren und Lernens in einer sich rasch und stark wandelnden Welt ein eigentliches «must» dar. Am Swiss Banking Institute der Universität Zürich wird deshalb eine führende Rolle beim Aufbau entsprechenden Know-hows anvisiert. Die nächste Generation von Blended-Learning-Umgebungen dürfte bereits kostengünstigere Lösungen mit erhöhtem Nutzwert erlauben. Immer wieder werden dabei Vernetzung, Kommunikation und Interaktion von Studierenden und Dozierenden ein Hauptanliegen sein.